Hallen-Nacht-Halbmarathon, Senftenberg – 18./19. Januar 2014
von THOMAS: Neues Jahr, neue Pläne, neue Veranstaltungen. Neulich bei der Radrunde angesprochen, reizte mich die Teilnahme an einem nachts, in einer Halle durchgeführten Halbmarathon schon. Zeitpunkt und Veranstaltungsort waren für mich neu und insofern recht interessant. So meldete ich mich recht spontan und kurzfristig zu diesem Lauf an.
Samstag Abend traf ich mich mit Vereinskollegen Jens in Rangsdorf. Wir holten noch einen weiteren Läufer ab und fuhren nach Senftenberg zur Niederlausitzhalle. Dort humpelten im Dunkeln zur Musik von den Puhdys die letzten Marathonläufer über die Bahn. Nach den Puhdys gabs Schlager, später sogar die Toten Hosen – alles keine Musik, die ich zum Laufen hören muss. Selbst Schuld, jeder Teilnehmer hätte Musik wünschen oder bereitstellen können. Mein Pech, Glück für die Anderen…
Zu meiner großen Überraschung war die Halle wirklich fast stockdunkel. Hier ein Lichtschlauch in weiß, da einer in blau, dort da ein paar Kerzen – Atmosphäre wie beim Discobowling.
Eine viertel Stunde vor dem avisierten Start begannen wir uns im Innenraum zwischen den Partykerzen einzulaufen, Start war dann gegen 23.10 Uhr mit geringer Verspätung. Auf gings in die erste Runde. Da merkte ich dann auch gleich, wo es schwierig werde würden. Die Halle wurde wohl für Sprintwettkämpfe konzipiert. Der Sprecher erklärte, dass Marita Koch anno Knopp einen Hallenrekord auf genau dieser Bahn gelaufen sein soll. Da die Gute bis 1986 aktiv war, kann man das Alter der Anlage ganz gut schätzen. Die Kurven der Bahn wahren angeschrägt, sodass es einen schnellen Sprinter nicht aus der Bahn trägt. Dass wir deutlich langsamer als die DDR-Rekordsprinter unterwegs sein würden, machte diese Besonderheit der Bahn zu einem Handicap. Überholen in der Kurve kostete Kraft, da man noch oben laufen musste, schräg überholen und danach beim Herunterlaufen abbremsen musste. Zum Ende des Laufs habe ich mir daher gut überlegt, ob ich überhole oder hinten dran bleibe. Doch von vorn… Die ersten Runden hatte ich damit zu tun, meine Zwischenzeiten zu nehmen und das Tempo einzupegeln. Wie immer war ich zu schnell, allerdings nicht so übertrieben wie sonst. Dass der Rundenzähler, der separat auf einem großen Fernseher hinter dem Zielbereich betrieben wurde immer eine Runde zuviel anzeigte, hat mich vielleicht auch wegen der späten Stunde überfordert. Also nahm ich die Zwischenzeiten mal nach 3, 4 oder 5 Runden,versuchte vergeblich zu errechnen wieviel ich weg bzw. noch vor mir hatte. Es war wie verhext, ich konnte die gelaufenen Runden nicht in Kilometer umrechnen. Fluch der späten Stunde!
Vermutlich hat mir dann irgendwann, irgendjemand meine inneren Qualen angesehen und dankeswerter Weise den Rundenzähler abgeschossen. Auf einer Runde zwischen 7, 8, 9km (????) war auf dem Fernseher im Zielbereich nur noch ein wunderschöner Windowsdesktop zu sehen. Von nun an schwebte ich raum- und zeitlos im Dunkeln über die Bahn. Ich überholte stets die gleichen Läufer und wurde gleichsam von den stets Gleichen überholt. Wie lange noch? Wieviele Runden? Wieviele Kilometer? Wirr im Kopf, langsam müde in den Beinen und die Puhdys gröhlten wieder: “Hey, wir wollen die Eisbären sehen!”. Jens überholte mich, meinte ich wäre flott unterwegs. War ich das? Irgendwie lief ich wie ein Automat. Kein Raum – nur Dunkel, kein Rundenzähler. Die Damen und Herren im Zielbereich telefonierten hektisch. Irgendwann erschien der Windows-Taskmanager auf dem Bildschirm. Keine Rundenzahl, aber immerhin Abwechslung. Zig Runden später “Verbindung wird hergestellt”… Nichts. Ich lief, überholte, wurde überholt… Dann Irgendwann das bekannte Bild. Startnummern, Runden, … Statisch! Standbild. Die Runden wurden nun mündlich mitgeteilt, ich wurde dabei ignoriert. Ewigkeiten später, bei (meiner) Runde 72, stieg der Rundenzähler wieder ein. Der Kopf arbeitet auch wieder normal, sodass ich zügig 12 Runden, also 3 Restkilometer errechnen konnte. Die gesetzte Zielzeit von 1:45h war auch noch zu schaffen. Allerdings hatte ich irgendwo in der Leere von Raum und Zeit zu trödeln bekommen. Also gab ich noch einmal Gas und finishte mit einer Runde zuviel (85 Runden) bei 1:44h und war echt hinüber. Bahn und Kurve hatten den Beinen ganz schön zugesetzt. Schnell ein Radler, duschen, Siegerehrung. Jens war 1-er seiner Altersklasse, bei mir hats nur für Platz 4 gereicht.
Die Veranstaltung verbuche ich unter der Rubrik “Muss man mal gemacht haben, braucht man aber kein zweites Mal.” Die Veranstalter haben sich Mühe gegeben, Leben in die Bude zu bringen. Ob ich nochmals Bahn laufen will und muss, möchte ich heute – auch wegen des wirklich üblen Muskelkaters – jedoch bezweifeln. Im Großen und Ganzen bin ich mit der Leistung zufrieden. Immerhin ist ja gerade erst Januar und die “große Form” wird schon noch kommen.